Ja, ich kann das „Nein!“ nicht mehr hören und ja, es tut mir ein bisschen leid, es im Moment doch vergleichsweise oft sagen zu müssen…

Ich möchte nämlich nicht, dass meine Mädels draußen Stöckchen herum tragen, und auch nicht, dass sie sie zerkauen, weil zumindest Aivy und Tattoo die fein säuberlich zerlegten Einzelteile nämlich leider auch verspeisen. Und nein, ich möchte auch nicht, dass sie Marder-, Igel-, Katzen- oder sonstige Kacke vertilgen, nicht nur, weil ich es eklig finde (die Mädels haben da durchaus eine ganz andere Hemmschwelle), sondern hauptsächlich aus Gründen ihrer Gesunderhaltung. Und ich möchte auch nicht das Aivy Vögel, Autos (gefährlich!) oder sonst was hütet und auch nicht, dass sie wild und laut gestikulierend (sprich: kläffend!) auf andere Hunde los sprintet (unhöflich und kann im schlechtesten Fall ja auch mal nach hinten losgehen!). Auch möchte ich nicht, dass sie meine Sofa- oder ihre Hundekissen zerlegt (und ganz nebenbei die Reißverschlüsse der Bezüge zerfetzt und diese im Zweifelsfall auch als fressbar einordnet), ich mag auch nicht mehr, dass sie mit eigentlich ihrem Spielzeug spielt, weil sie nur ein winziges Loch braucht, um selbst harte Gummibälle zu zerlegen und – natürlich – auch hier die Einzelteile abschluckt.

Herrje, da frage ich mich, war das bei den anderen Mädels im Welpen-/Junghundealter eigentlich genauso?

Sheela war doch, glaube ich mich dunkel erinnern zu können, eigentlich ganz brav... Okay, sie hat mal ein bisschen an meinem Schreibtisch (und am Stuhl? Und am Tischbein?) genagt, aber sonst? Ja, okay, sie hat im Auto mal ein Airbagkabel zerbissen, aber da war sie bei einer Freundin in Obhut (und meine damals gerade frisch abgeschlossene Tierhalterhaftpflicht hat den vierstelligen Schaden anstandslos beglichen). Und sonst? Oh, da fällt mir ein, Käsebrote vom Küchentisch hat sie auch mal geklaut (und verspeist) und stimmt, Kaninchen hat sie mal kurzzeitig gejagt, aber ansonsten war sie doch ein soooo braver Welpe/Junghund…

Gut, Kenzie war da ein bisschen anders, die kam ja aber auch aus schlechten Verhältnissen und hat damals schon alles, was nicht bei drei auf den Bäumen war, gejagt, ob Tier, Mensch oder Auto, immer laut keifend hinterher. Zuhause hat sie aber nix an-, nur Socken und Perlonstrümpfe im Ganzen gefressen.  Meine Güte, was habe ich gebangt, dass die alle wieder rauskommen und was hat Kenzie für farbenfrohe Würste gemacht…

Aber Tattoo, die war ja auch von Welpenbeinen an bei uns, die kam eigentlich schon artig auf die Welt, wobei, hat die sich nicht immer in meine Vorhänge verbissen und darin hängend dann fröhlich geschaukelt? Hat die nicht irgendwo jedes (GsD immer stromlose) Lichterkettenkabel gefunden und zerlegt? War nicht auch sie das, die in wirklich jede Unterlage riesige Löcher gefressen hat?

Hmmm, ich glaube, Mensch vergisst (oder verdrängt) die kleinen Sünden der ach so süßen Racker relativ schnell wieder – bis dann wieder Nachwuchs die Nerven des ach so geduldigen Hundehalters aufs Äußerste strapaziert. Aber ohne Regeln geht es nun mal nicht und in der Tat, mir mangelt es an Alternativen zum „Nein!“. Ab-/Umlenkung ist nur bedingt (aber zugegebener Maßen manchmal schon) hilfreich, lernt der Hund dabei ja nicht, sich aktiv mit den gesteckten Grenzen auseinanderzusetzen. Es ist halt keine gute Idee, dem Stöckchen fetzenden Hund einen Ball zu geben, der dann a) auch gefetzt wird (siehe oben) oder aber b) zum Ressourcengegeiere in der Hundegruppe führt (entspannte Hundespaziergänge sind anders...). Und drinnen den Hunden permanent Kausachen zur Verfügung zu stellen, führt zumindest hier zu Verdauungsstörungen. Ausschließlich über positive Verstärkung bei erwünschtem Verhalten zu arbeiten und unerwünschtes Verhalten zu ignorieren, ist in Anbetracht der Gefährlichkeit mancher Situation auch nicht diskutabel (wobei ich in der Tat erwünschtes Verhalten sehr viel und je nach Situation auch sehr hochwertig belohne und im Übrigen auch sehr viel mit dem Zwerg alleine unterwegs bin, damit sie lernt, sich an mir und nicht an den anderen Mädels zu orientieren und wir alleine viele Dinge auch viel besser üben können). Letztendlich macht’s dann doch die Mischung aus allem, gefühlt nimmt aber das „Nein!“ zurzeit viel Raum in meinem Sprachschatz rund um den Hund ein (und während ich diese Zeilen schreibe, zuppelt der Zwerg schon wieder am Sofakissen rum…). Nichtsdestotrotz bin ich zuversichtlich, dass sich auch Aivy, wenn sie der Zwergenschule entwachsen ist, umweltsicher, überwiegend frei und fröhlich in ihrer Umwelt bewegen kann, so wie’s die Großen auch können. Selbst Kenzie, die bereits bei ihrer Ankunft manifestierte Probleme mit ihrer Umwelt hatte, hat die Regeln und ihre Grenzen gelernt und bewegt sich innerhalb dieser auch sehr sicher. Manchmal tut es gut, sich diese Erfahrungen mal wieder in Erinnerung zu rufen und ja, manchmal ist das Leben dann übrigens doch ein Ponyhof…

PS: vielleicht sollte ich aber auch noch erwähnen, dass Aivy viele alltäglichen Dinge sehr neugierig, mutig und für ihr Alter auch ausgesprochen souverän erkundet und die dabei gewonnenen Erkenntnisse erfolgreich in ihrem Alltag umsetzt. Und auch, dass sie bereits jetzt unglaublich gerne "arbeitet" und viel Spaß an allerlei - fürs alltägliche Leben völlig unnütze - Aufgaben hat, wie zum Beispiel "Aufräumen", um Pylone oder an meine Hand laufen, auf Wackelbrettern stehen oder Baumstümpfe erklimmen - die Liste ließe sich noch mächtig erweitern.... Gutes, kleines Mädchen!